Die Schweiz gehört europaweit zu den Ländern mit der tiefsten Frauenquote in MINT-Berufen – also in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Viele entscheiden sich trotz Fördermassnahmen nicht für eine entsprechende Ausbildung oder verlassen die Branche früh wieder. Dadurch verliert die Wirtschaft wertvolles Potenzial. Ein Forschungsprojekt des iDNA Institut für Diversität und Neue Arbeitswelten der OST hat deshalb gemeinsam mit fünf Unternehmen untersucht, wie Arbeitsplätze in MINT-Berufen attraktiver für Frauen gestaltet werden können – mit Fokus auf die Prinzipien von «New Work».
Bedürfnisse klar benannt
Über zwei Jahre begleitete das Projektteam die Firmen Bühler AG, INFICON AG, Linde Kryotechnik AG, Liip AG und RUAG AG. Grundlage bildeten unter anderem eine Online-Befragung von 475 jungen Menschen sowie Fokusgruppen mit 26 berufserfahrenen MINT-Fachfrauen. Ergebnis: Eine offene Arbeitskultur, Wertschätzung und flexible Arbeitsmodelle sind zentrale Anliegen. «Die Frauen erwarten, dass ihre Fachkompetenz anerkannt und respektiert wird. Sie wollen als Expertinnen auf ihrem Feld ernst genommen werden», erklärt Sara Juen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des iDNA.
Impulse für die Praxis
Die Erkenntnisse aus der Umfrage und den Interviews wurden mit dem Ist-Zustand der beteiligten Unternehmen verglichen. Daraus entstanden Empfehlungen und konkrete Massnahmen. Eine zentrale Erkenntnis: Der Umgangston in technischen Abteilungen kann für Frauen abschreckend wirken. In Workshops mit dem ikik Institut für Kommunikation und interkulturelle Kompetenz der OST reflektierten Mitarbeitende aller Stufen ihr Kommunikationsverhalten. In einem der Unternehmen bildete sich daraus eine Arbeitsgruppe, die einen Leitfaden für einen wertschätzenden Umgang erstellt. Weitere Workshops thematisierten unter anderem Chancengerechtigkeit, Machtverhältnisse und Inklusion im Employer Branding. Auch Führung und Unternehmenskultur wurden kritisch hinterfragt.
Langfristige Veränderungen angestossen
Der Austausch unter den beteiligten Unternehmen wurde als besonders wertvoll erlebt. Deshalb plant das iDNA ein jährliches Vernetzungstreffen, um die Zusammenarbeit weiterzuführen. Für die Partnerunternehmen war das Projekt ein Impulsgeber: «Die Erkenntnisse bilden eine optimale Grundlage für weitere richtungsweisende Entscheide und Massnahmen, um dem weiblichen Fachkräftemangel im Unternehmen nachhaltig entgegenzuwirken», sagt Debora Saracino, Employer Branding Specialist bei RUAG AG. Sebastian Kubik, Head of Engagement, Diversity & Inclusion der Bühler AG, betont: «Das Projekt hat uns gezeigt: Fortschritt in diesem Bereich erfordert Teamgeist, Ausdauer und den Willen, gemeinsam am Ball zu bleiben.»