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Die nächsten Schritte zu einer Wasserstoffwirtschaft

13.05.2025

Wasserstoff wird in einem nachhaltigen Energiesystem, das vollständig auf erneuerbaren Energien beruht, eine wichtige Rolle einnehmen. Auch wenn die Öffentlichkeit nur wenig Fortschritte wahrnimmt, tut sich sehr viel im Bereich Wasserstoff. Das IET Institut für Energietechnik arbeitet in zahlreichen Partnerschaften daran, die nächsten Schritte zu einer Wasserstoffwirtschaft zu gehen.

Energieforschende sind sich einig: Das zukünftige nachhaltige Energiesystem benötigt grünen Wasserstoff, Methan, Methanol und weitere chemische Energieträger. Wenn man grünen Wasserstoff mit Elektrolyseuren produziert, wird erneuerbarer Überschussstrom im Sommer genutzt und gleichzeitig das Elektrizitätsnetz stabilisiert. Wasserstoff kann mit CO2 aus dem Kamin von Zementwerken oder Kehrrichtverbrennungsanlagen in synthetisches Methan umgewandelt werden als Ergänzung zu Biomethan und als Ersatz von fossilem Erdgas, das im Wesentlichen auch aus Methan besteht. Wasserstoff kann auch mit CO2 in Methanol umgewandelt werden, eine transparente Flüssigkeit, die pro Liter relativ viel Energie enthält, nämlich etwa halb so viel wie Benzin, Diesel, Heizöl oder Kerosin. Wasserstoff wird also eine Schlüsselrolle übernehmen als Energieträger, Zwischenprodukt und Rohstoff. Doch was fehlt noch für eine Wasserstoffwirtschaft?

In der Schweiz sind seit einigen Jahren etwa 50 Wasserstoff-Lastwagen im Einsatz und tanken an den insgesamt 18 Tankstellen grünen Wasserstoff, der in Gösgen und in der Stadt St.Gallen mit Elektrolyseuren und Elektrizität aus Wasserkraftwerken produziert wird. Dieses Wasserstoff-Ökosystem von Hydrospider wurde 2021 vom Bundesamt für Energie mit dem renommierten Preis «Watt d’Or» ausgezeichnet[1]. Das Ökosystem nimmt in Europa eine Vorreiterrolle ein. Seit Dezember 2024 hat die Schweiz wie die meisten Nachbarländer eine Wasserstoffstrategie[2]. Obwohl die Anzahl Wasserstoff-Lastwagen in der Schweiz seit mehreren Jahren stagniert, steht der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft nicht still, sondern es tut sich einiges, ohne dass die Öffentlichkeit das gross zur Kenntnis nimmt. Unser IET Institut für Energietechnik arbeitet in zahlreichen Partnerschaften an der Umsetzung einiger der hier beschriebenen Aktivitäten. Aktuell haben vor allem Elektrizitätsunternehmen Projekte in der Schublade, um noch mehr Elektrolyseure zu bauen. Sie sind dadurch motiviert, dass sie die zunehmende Menge an erneuerbarem Überschussstrom verwerten und das Stromnetz stabilisieren wollen.

Die Knacknuss ist die sinnvolle Verwertung des grünen Wasserstoffs. Seit März 2024 ist – wie bereits bis 2017 – wieder ein Wasserstoff-Postauto in der Region Brugg unterwegs, das von Voegtlin-Meyer betrieben wird. Es entsteht eine ganze Flotte solcher Busse, und sie sollen eine eigene Wasserstoff-Tankstelle bekommen. Sowohl auf dem Walensee[3] als auch auf dem Vierwaldstättersee[4] ist ein Projekt für ein Wasserstoff-Schiff in der Umsetzung. Der Einsatz von Wasserstoff für Hochtemperatur-Prozesse in der Industrie steckt noch in den Kinderschuhen. Als einziges öffentlich bekanntes Projekt hat die ebs Energie AG ein Projekt in Seewen, wo grüner Wasserstoff nicht nur für Lastwagen verwendet werden soll, sondern auch um bei hohen Temperaturen Strassenbelag herzustellen[5]. Das IET Institut für Energietechnik und der Studiengang Erneuerbare Energien und Umwelttechnik EEU konnten an Musikfestivals Diesel mit Wasserstoff für die Stromproduktion ersetzen und gleichzeitig noch Geld sparen[6]. Die gleiche Anwendung ist für weitere Festivals und für die Versorgung von Baustellen sinnvoll und heute schon rentabel.

Grenzüberschreitende Initiativen gibt es im Raum Basel, Hochrhein, Bodensee und im Alpenrhein zusammen mit unseren vier Nachbarländer Frankreich, Deutschland, Fürstentum Liechtenstein und Österreich. Für Wasserstoff-Projekte von Basel bis zum Bodensee entlang des Hochrheins hat das «Hydrogen Valley Südbaden» mehrere Millionen Fördergelder ausgeschrieben[7], von denen auch Schweizer Projekte profitieren können. Im Raum Bodensee und Alpenrhein hat das IET Institut für Energietechnik mit Unterstützung des Kantons St. Gallen, SAK, Erdgas Ostschweiz und dem Forschungsfond der Gasindustrie (FOGA) ein neues Wasserstoff-Netzwerk aufgebaut. Die zahlreichen Akteure im Bereich Wasserstoff können grenzüberschreitend voneinander lernen. Einsatzgebiete von Wasserstoff finden sich bei Baumaschinen[8] und in Industrieanwendungen, die jedoch noch identifiziert werden müssen. Eine grosse Aufgabe ist der Anschluss der Schweiz an das grossen europäischen Transportleitungen für Wasserstoff, den sogenannten «European Hydrogen Backbone». Die Schweiz ist auch hier in den Startlöchern[9]. Eine erste Wasserstoffleitung befindet sich in Basel im Bau.

Es ist noch ein langer Weg zu einer Wasserstoffwirtschaft. Wenn wir ein vollständig erneuerbares Energiesystem haben wollen, dann müssen wir den aktuellen Schwung nutzen und die nächsten Schritte in Angriff nehmen. Das IET Institut für Energietechnik freut sich, teil dieser Aktivitäten zu sein.