Datengetriebene Schifffahrt – Nachhaltig unterwegs auf dem Walensee

Die Binnenschifffahrt steht vor einem grundlegenden Wandel. Steigende Umweltauflagen, zunehmende Betriebskosten und ein spürbarer Fachkräftemangel treffen auf eine Branche mit langer Tradition – und gleichzeitig begrenzten Mitteln für umfassende Modernisierung. Vor diesem Hintergrund entwickelt die OST gemeinsam mit der Schiffsbetrieb Walensee AG, Shiptec AG und J+A Informatik AG datenbasierte Systeme, die die Effizienz steigern, Ressourcen schonen und die bestehenden Flotten auf ihrem Weg in eine nachhaltigere und effizientere Zukunft unterstützen sollen.

Digitalisierung als Hebel für Nachhaltigkeit

Im Innosuisse-geförderten Projekt DaMaFo – Datengetriebene Manöver- und Flottenoptimierung entstehen digitale Systeme, die auf Echtzeitdaten beruhen. Diese Daten – etwa zu Geschwindigkeit, Antrieb, Schiffsposition oder Umweltfaktoren wie Wind und Strömung – werden systematisch ausgewertet und direkt in operative Prozesse übersetzt. Ziel ist es, datenbasierte Entscheidungsgrundlagen zu schaffen, die eine Optimierung des Schiffsbetriebs erlauben – unabhängig von Baujahr oder Antriebstechnologie.

Bemerkenswert ist, dass diese Lösungen speziell für die Anforderungen der Binnen-Passagierschifffahrt entwickelt werden. Während in anderen Verkehrszweigen – etwa im Schienenverkehr oder in der Logistik – digitale Planungssysteme längst verbreitet sind, fehlt es in der Binnenschifffahrt an auf sie zugeschnittenen Anwendungen. Genau hier setzt das Projekt an.

Drei Anwendungsfälle, ein gemeinsames Ziel

Die Projektpartner konzentrieren sich auf drei besonders relevante Use Cases:

• Effiziente Anlegemanöver (UC1): Anlegemanöver sind energieintensiv, risikobehaftet und häufig. Mit bis zu 100 Manövern pro Tag bietet sich grosses Einsparpotenzial. Das geplante Assistenzsystem unterstützt Schiffsführer mit Echtzeitdaten und konkreten Handlungsempfehlungen.
• Dynamische Flotteneinsatzplanung (UC2): Eine smarte Einsatzplanung basiert auf Prognosen zur Nachfrage und zu Umweltfaktoren wie Wetter oder Wasserstand. Mithilfe datenbasierter Modelle wird bestimmt, wann welches Schiff mit welchem Verbrauchsprofil optimal eingesetzt werden kann – das erhöht die Auslastung, reduziert Leerfahrten und senkt den Energieverbrauch.
• Assistenzsystem für historische Dampfschiffe (UC3): Auch traditionelle Schiffe werden eingebunden. Gerade hier variieren Verbrauch und Effizienz stark je nach Betriebsweise. Das neue System standardisiert Prozesse, unterstützt Maschinisten mit datenbasierter Rückmeldung und reduziert so Emissionen – ohne den kulturellen Wert der Dampfschiffe zu gefährden.

Alle Use Cases nutzen sogenannte Ensemble-Modelle, in denen verschiedene datenwissenschaftliche Methoden kombiniert werden – von Zeitreihenanalysen über Support-Vector-Machines bis hin zu stochastischen Optimierungsverfahren.

Die OST als Impulsgeberin

Die OST übernimmt in diesem Projekt die wissenschaftliche Führung. Das Institut für Netzwerke und Sicherheit (INS) entwickelt die datenbasierten Modelle, verarbeitet Sensordaten und sorgt für eine robuste, technische Umsetzbarkeit. Das Institut für Produktdesign, Entwicklung und Konstruktion (IPEK) stellt sicher, dass Nachhaltigkeitsaspekte systematisch in die Entwicklung und Umsetzung der Lösungen integriert werden.

Übertragbares Modell mit Vorbildcharakter

Obwohl der Fokus auf dem Walensee liegt, besitzt das Projekt weitreichendes Potenzial. Die entwickelten Lösungen können auf andere Seen, aber auch auf Fähren, touristische Verkehrsmittel oder logistische Anwendungen übertragen werden. Die Prinzipien datenbasierter Entscheidungsunterstützung – in Verbindung mit Nachhaltigkeitszielen – sind universell einsetzbar.

Das Projekt DaMaFo zeigt, wie wissenschaftlich fundierte Methoden konkret zur Transformation bestehender Systeme beitragen können. Die OST leistet damit einen aktiven Beitrag zur ökologischen Modernisierung der Mobilität – regional verankert, mit nationaler Ausstrahlung.