Photovoltaik (PV)-Modulanalyse mit Hilfe KI-basierter Bilderkennung
SPF-Artikel vom 13.02.2025
Entwicklung eines PV-Quicktests
Die zunehmende Verbreitung von Photovoltaik bringt steigenden Bedarf an effizienten Analysemethoden für Solarpanels mit sich. Im Rahmen einer Studienarbeit an der OST - Ostschweizer Fachhochschule wurde eine KI-basierte Methode zur Erkennung defekter Solarzellen entwickelt. Der PV-Quicktest zeigt vielversprechende Ergebnisse.
Ausgangslage
Der Ausbau der Solarenergie schreitet weltweit in rasantem Tempo voran. Die zunehmende Verbreitung von Photovoltaik (PV) als nachhaltige Energiequelle stellt hohe Anforderungen an die Analyse und Qualitätssicherung von Solarpanels. Zellschäden können die Effizienz und Lebensdauer von PV-Modulen erheblich beeinträchtigen und zu Leistungseinbussen führen. Die Überprüfung, ob alle Zellen eines Solarpanels intakt sind, bringt jedoch gewisse Schwierigkeiten mit sich. Angesichts der wachsenden Anzahl grossflächiger PV-Installationen und des steigenden Bedarfs an Wartungsdienstleistungen stossen die herkömmlichen Analysemethoden an ihre Grenzen und der Bedarf an effizienteren Lösungen wird immer dringlicher. Diese unbefriedigende Ausgangslage war für Pascal Hitz der Ansporn, um im Rahmen einer Studienarbeit im Studiengang Erneuerbare Energien und Umwelttechnik (EEU) an der OST die Entwicklung einer innovativen Alternative für die Defekterkennung in PV-Modulen in Angriff zu nehmen. Dabei wurde auf die Unterstützung künstlicher Intelligenz (KI) zurückgegriffen, die in den letzten Jahren ebenfalls beeindruckende Fortschritte machte.
Herausforderungen bei der Defekterkennung
Viele Defekte in Solarpanels lassen sich von blossem Auge nämlich nicht erkennen. Die Elektrolumineszenz (EL)-Bildgebung hat sich als bewährte Technik etabliert, um Defekte in Solarzellen sichtbar zu machen. Dabei wird ein Rückstrom auf das Solarpanel gegeben und damit der photovoltaische Effekt gewissermassen umgedreht, so dass das Modul Licht in einer bestimmten Wellenlänge abgibt. Dieses kann mit einer speziellen Kamera aufgenommen werden. Auf diese Weise lassen sich auch minimste Defekte wie Mikrorisse oder Fingerunterbrechungen sichtbar machen. Das entstandene Bild muss anschliessend von einer Fachperson analysiert und die defekten Zellen markiert werden. Dieser Analyseprozess wird am mobilen PV-Labor des SPF Institut für Solartechnik seit Jahren standardmässig durchgeführt. Bei grossen Datenmengen gestaltet sich die manuelle Markierung allerdings zeitaufwendig.
Trennung und Klassifizierung der Solarzellen
In einem ersten Schritt galt es, eine Methode zu entwickeln, um ein EL-Bild eines PV-Moduls in seine einzelnen Zellen zu zerlegen. Dazu wurden verschiedene, selbstentwickelte Trenn-Algorithmen eingesetzt. Als Grundlage dienten EL-Bilder aus der Datenbank des mobilen PV-Labors. Nach der Trennung mussten die insgesamt 10’020 Bilder einzelner Zellen klassifiziert werden, d.h. es musste von Auge bestimmt werden, ob eine Zelle defekt oder intakt ist. Auf diese Weise wurden Datensätze generiert, die für die Entwicklung und Überprüfung verschiedener KI-basierter Analyse-Modelle eingesetzt werden konnten.
Entwicklung und Überprüfung verschiedener KI-basierter Analysemodelle
Es wurden ein Basismodell und auf dessen Grundlage drei weitere Analysemodelle mit leichten Anpassungen entwickelt, die alle auf dem Convolutional Neural Network (CNN) basieren. Ihre Aufgabe war es, möglichst fehlerlos intakte von defekten Zellen zu unterscheiden. Die vier entwickelten Modelle wurden in Folge mit den zuvor generierten Datensätzen von intakten und defekten Zellen trainiert. Abschliessend wurde mit einem neuen Datensatz überprüft, wie valid die einzelnen Analysemodelle arbeiten.
Herstellung und Anwendung des PV-Quicktests
Um eine effiziente und benutzerfreundliche Anwendung der zuvor nur einzeln verfügbaren Trennalgorithmen und der trainierten Analysemodelle zu ermöglichen, wurde die Applikation «PV-Quicktest» entwickelt. Ein zentraler Bestandteil und grosser Vorteil ist die grafische Sichtbarmachung der Position defekter Zellen auf dem PV-Modul. Dies war mit herkömmlichen Methoden bis anhin nicht möglich.
Die Anwendung ist in mehrere Hauptfunktionen unterteilt:
- Bild hochladen: Ein Bild aus dem lokalen Datensystem wird hochgeladen und in der GUI angezeigt.
- Rastergenerierung: Über dem hochgeladenen Bild wird ein Raster generiert. Diese Funktion dient der Segmentierung des Bildes in einzelne Abschnitte bzw. Zellen. Die Anzahl der Zeilen und Spalten wird vom Benutzer / von der Benutzerin vorgegeben. Das Raster kann also bei Bedarf manuell angepasst werden, um eine korrekte Positionierung sicherzustellen.
- Klassifizierung: Jeder Abschnitt des generierten Rasters wird mithilfe eines zuvor trainierten neuronalen Netzwerks analysiert und klassifiziert.
- Markierung: Defekte Zellen werden markiert und auf dem Bild angezeigt.
- Speicherung der Ergebnisse: Das bearbeitete Bild mit den markierten Abschnitten kann als Datei gespeichert werden.
Fazit
Die Entwicklung eines PV-Quicktest stellte nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine Möglichkeit dar, die Relevanz von KI ganz praktisch zu erleben. „Es war eine spannende Erfahrung, Theorie und Praxis zu verbinden und ein Werkzeug zu schaffen, das die Arbeit in einem so wichtigen Bereich wie der Solarenergie nachhaltig verbessern kann“, meint Pascal Hitz rückblickend.
Um in der Praxis eingesetzt werden zu können, muss der Prozess noch weiter vereinfacht werden. Ausserdem sollten unterschiedliche Fehler erkannt, klassifiziert und nach ihrer Schwere bewertet werden können. Die bereits hohe Genauigkeit muss für den praktischen Einsatz ebenfalls weiter verbessert werden.
Die entwickelte Applikation hat aber klar das Potenzial, den Prozess der Defekterkennung in EL-Bildern von Solarzellen deutlich zu vereinfachen und zu automatisieren. Die hohe Genauigkeit trägt zur Optimierung der Qualitätskontrolle in der Photovoltaik bei. Durch die eingesparte Zeit gestaltet er die Überprüfung zudem kosteneffizient. Ein weiteres Ziel ist es, die Bewertung zu vereinheitlichen und so unabhängig von der bewertenden Person zu machen, die zudem weniger Fachkenntnis benötigt. Zudem verfügt der PV-Quicktest über ein grosses Potenzial für Weiterentwicklungen.
Autor
Pascal Hitz, Student EEU