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Was Stromverbrauch-Daten zu räumlichen Strukturen verraten

24.04.2025

Bei der diesjährigen CORP-Konferenz in Graz, die vom 14. bis 16. April 2025 stattfand, präsentierte IRAP-Professor Dirk Engelke die Ergebnisse seiner neuen Forschungsarbeit, die untersuchte, wie sich aus Stromverbrauchsdaten Erkenntnisse über räumliche Strukturen ableiten lassen.

Energieverbrauch als Planungsinstrument? Neue Wege für die Raumplanung mit Smart-Meter-Daten
Die Ergebnisse eines Forschungsprojekts zur Verwendung von Nutzungsdaten für die Raumplanung sind auf der diesjährigen internationalen CORP-Konferenz in Graz (14.–16. April 2025) vorgestellt worden. Die wissenschaftliche Veröffentlichung unter dem Titel „Spatial Planning on Electricity – What Smart Meter Data Can Tell Us About Spatial Structures“ von Dirk Engelke und André Biskup (IRAP) zeigt auf, wie sich aus Stromverbrauchsdaten Erkenntnisse über räumliche Strukturen ableiten lassen.

Von statischer Abbildung zu dynamischen Mustern
Traditionelle Raumplanung weist Nutzungen zu, deren tatsächliche Nutzung bzw. Auswirkungen von der Raumbeobachtung deutlich zeitverzögert empirisch dargestellt werden. Angesichts zunehmender baulicher Verdichtung, multifunktionaler Nutzungen und sich wandelnder Mobilitätsmuster stossen diese traditionellen, primär normativen Planungsgrundlagen zunehmend an ihre Grenzen. In dem Paper argumentieren Engelke und Biskup, dass nutzungsbezogene Daten wie Smartmeter-Daten als ein indirekter Indikator für die tatsächliche Raumnutzung dienen können. Smartmeter-Daten, die auf Haushaltsebene den Stromverbrauch erfassen, ermöglichen eine bisher unerreichte Auflösung bei der Beobachtung menschlicher Aktivitäten im Raum.

Fallstudie: Region Luzern als Mikrokosmos der Schweiz
Anhand anonymisierter offener Daten aus dem Versorgungsgebiet der Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) in der Region Luzern untersuchte das Forschungsteam typische Verbrauchsmuster. Die Analyse bestätigt an drei exemplarischen Orten die Raumtypologien des BFS: In peri-urbanen Gemeinden, wie beispielsweise Dagmersellen, steigen die Verbrauchswerte morgens und abends deutlich während sie über Tag signifikant unterdurchschnittlich sind  – ein klassisches Muster für Pendlerorte. Hingegen weisen Luzern-nahe Gemeinden wie Root tagsüber einen durchgehend überdurchschnittlichen Stromverbrauch bedingt durch Arbeits- oder Mischnutzungen auf. Hingegen zeigen landwirtschaftlich geprägte Orte wie Willisau deutlich andere Verbrauchsmuster, die Hinweise auf geringe Pendlerbewegungen geben.
Diese Muster zeigen, wie differenziert der Raum tatsächlich genutzt wird. Hier liegt der Mehrwert der Forschung: Sie ermöglicht Rückschlüsse auf reale Nutzung, unterstützt die Überprüfung planerischer Festsetzungen und kann als Grundlage für adaptive, dynamische Planung dienen – und das deutlich zeitnäher als die klassische Raumbeobachtung oder sogar in Echtzeit.

Vom Stromprofil zur Governance
Neben der technischen Machbarkeit stellt die Studie auch politische und datenschutzrechtliche Fragen in den Fokus. Die Herausforderung besteht darin, Daten auf eine Weise zu aggregieren, die Rückschlüsse auf räumliche Strukturen erlaubt, ohne personenbezogene Informationen preiszugeben. Die Forschenden plädieren für die Kombination von Energieverbrauchsdaten mit weiteren Smart-City-Daten – etwa Mobilitäts- oder demografischen Informationen –, um noch fundiertere Planungsentscheidungen zu ermöglichen.
Langfristig könnte diese Methodik die Grundlage für eine neue Generation raumplanerischer Instrumente bilden, in denen die klassische Zonierung durch datengestützte, evidenzbasierte Raumnutzung ergänzt wird. Dies kann insbesondere Monitoring und Steuerung von Gebieten mit einer hohen Nutzungsmischung ermöglichen.

Fazit
Die Arbeit von Engelke und Biskup zeigt , wie Digitalisierung und Raumplanung zielführend miteinander verknüpft werden können. Der intelligente Einsatz von Smart-Meter-Daten bietet eine empirisch belastbare Basis, um komplexe urban-rurale Dynamiken zu erfassen und damit fundierte und dynamische Raumplanung zu betreiben.

 

LInks:
Engelke, D. & Biskup, A. (2025). Spatial Planning on Electricity – What Smart Meter Data Can Tell Us About Spatial Structures. REAL CORP 2025, Graz. https://archive.corp.at/cdrom2025/de/papers.html#E
Centralschweizerische Kraftwerke CKW (2024): Open Data Smart Meter Energieverbrauchsdaten. https://www.ckw.ch/landingpages/open-data